Abschied 2016 (Foto: Welz, Klassik Stiftung Weimar)

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  • 30. Juli 2018 — 15 Jahre mit Freunden – die Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek

    Der aktuelle GAAB-Vorstand mit  (von links) Petra Seelig, Dr. Annette Seemann, Wolfgang Haak, Maria Socolowsky

    Wenn die Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek e. V. in diesem Jahr ihr 15jähriges Bestehen begeht, kann man sich mit Recht fragen, warum wird eigentlich nicht schon das 25. Gründungsjahr gefeiert? Wäre ein Freundeskreis für die Herzogin Anna Amalia Bibliothek nicht etwa schon kurz nach der Wende dringend erforderlich gewesen?

    In der Tat hätte Herzogin Anna Amalia Bibliothek schon 1993 die Unterstützung von engagierten Privatleuten dringend gebraucht, ideell und materiell. Es war das Jahr, in dem der japanische Tenno die Bibliothek besuchte, die ersten Computer die Buchbearbeitung erleichterten, das erste Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Katalogisierung der mittelalterlichen lateinischen Handschriften) anlief, die Expressionismus-Sammlung Rothe angeschafft, eine Ausstellung über Bibliothekszensur zur Zeit der DDR gezeigt (»Der rote Punkt«) und Schülerseminare in der Faust-Sammlung durchgeführt wurden. Für die Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, für wissenschaftliche Projekte oder für die Erwerbung wäre das Engagement von Privatleuten sehr willkommen gewesen.

    Dass die Gründung damals nicht zustande kam, lag daran, dass die Leitung der Stiftung Weimarer Klassik eine andere Position vertrat. Man hegte die Befürchtung, Freundeskreise für einzelne Häuser der Stiftung (Bibliothek, Goethe- und Schiller-Archiv etc.) würden den Zusammenhalt der Stiftung gefährden. Daher sollte ein Freundeskreis für die ganze Stiftung angestrebt werden. Ein solcher kam aber nie zustande. Erst als Hellmut Seemann 2001 die Stiftungsleitung übernahm, wurde diese Selbstblockade aufgelöst. Heute gibt es in der Klassik Stiftung sieben Freundeskreise. Sie ermöglichen allen Interessierten, Anteil zu nehmen und mitzuhelfen, das kulturelle Erbe Weimars für die Zukunft zu erhalten.

    Die Unterstützung der neuen Stiftungsleitung bei der Gründung der Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek im Frühjahr 2003 ging so weit, dass der Vorschlag für den Namen des neuen Vereins von Hellmut Seemann selbst kam. Er sagte, es würden engagierte Bürger gesucht, die sich für die Realisierung der der Ziele der Bibliothek einsetzten. Insofern sei es folgerichtig, wenn sich der Verein einen Namen gäbe, der das Wort »Herzogin« im Bibliotheksnamen durch das Wort »Gesellschaft« ersetze. Das fand im Gründungsvorstand am 15. Mai 2003 ebenso Beifall wie die Bereitschaft von Annette Seemann, die Amtspflichten der Vorsitzenden zu übernehmen.

    Annette Seemann hat dazu in einem Interview rückblickend gesagt: »Ich habe schon damals fast täglich in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek gearbeitet. Dass ich dann sogar den Vorsitz übernommen habe, war ein ziemlicher Zufall, zumal ich bis dahin außer in einem Segelclub noch nie Mitglied in irgendeinem Verein war. Diesen Verein zu unterstützen entsprach aber meiner vollkommenen Überzeugung, dass man für diese Bibliothek etwas tun muss.« Heute leitet sie die Geschicke des Freundeskreises seit 15 Jahren.

    In der Pressemitteilung zur ersten Mitgliederversammlung im Herbst 2003 heißt es zu den Aufgaben der neuen Gesellschaft: Die »Bibliothek steht vor großen Aufgaben: Der über Jahrzehnte vernachlässigte unvergleichliche Buchbestand ist nur zu retten, wenn neben die öffentlichen Zuwendungen eine breite private Unterstützung tritt. Auch für den Erwerb kulturhistorisch bedeutender Objekte und die Durchführung wissenschaftlicher und kultureller Veranstaltungen ist die Herzogin Anna Amalia Bibliothek auf mäzenatische Hilfe angewiesen. Zum Jahresende 2004 ist der Bezug des Erweiterungsgebäudes im Herzen Weimars geplant. Anschließend soll das historische Bibliotheksgebäude mit dem berühmten Rokokosaal saniert werden. Auch bei der Suche nach Geldgebern für dieses große Vorhaben will der Verein Hilfestellung leisten.«

    Kurz darauf aber kam alles ganz anders: Der unvergleichliche Buchbestand ist am 2. September 2004 zum Teil in Flammen aufgegangen. Man darf sich gar nicht vorstellen, wenn es den Verein in dieser Ausnahmesituation nicht schon gegeben hätte. Wer hätte der Bibliothek sonst mit aktiver Hilfe, Organisationsstruktur und Vereinskonto zur Seite stehen können? Die Spendengelder mussten ja nicht nur verbucht werden, sondern die Geber erwarteten auch einen Dank und eine Information über den Stand der Arbeiten. Auf Veranstaltungen, Presseterminen und speziellen Benefizaktionen musste berichtet und um weitere Mittel geworben werden. Schon nach zwei Monaten hatte die Spendensumme, die allein bei der GAAB eingegangen war, die Millionengrenze überschritten. In all diesen Dingen hat der Vorstand – dazu gehörten auch Eberhard Neumeyer, Joachim Rieck und Jörg Teschner – die Bibliothek entscheidend unterstützt.

    Das Aushängeschild und vielgeliebte Schmuckstück des Vereins ist die Zeitschrift Supralibros, deren 21. Heft gerade erschienen ist. Aktuell steht die Organisation und Finanzierung eines neuen Schülerseminars von Weimarer Schülern in der Wolfenbütteler Herzog August Bibliothek bevor. Auch eine neue Spendenaktion ist geplant. Sie wird sich auf die Visualisierung des Historischen Bibliotheksgebäudes anhand eines Architekturmodells beziehen.

    Neue Freunde sind jederzeit willkommen. Der Jahresbeitrag beläuft sich auf 40 € und bringt eine ganze Reihe Vergünstigungen bei einem Besuch in Weimar sowie eine enge Verbindung zur Bibliothek mit sich. Aber ein Vereinsbeitritt ist in erster Linie ein mäzenatischer Akt. Kein Kulturinstitut kann heute blühen ohne einen Freundeskreis. Schrecklich die Zeit, in der es die Freunde nicht gab!

    www.gaab-weimar.de

    Michael Knoche