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26. November 2018 — Paradiesische Zustände in Princeton NJ
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Eine Kathedrale? Eine Burg? Eine Bibliothek! Die Hauptbibliothek der Princeton University, die Firestone Library. Die neogotische Anmutung des 1948 errichteten Gebäudes harmoniert perfekt mit der Universitätskirche nebenan. Aber im Innern kann man Überraschungen erleben, besonders jetzt, zum Abschluss der acht Jahre dauernden baulichen Modernisierung (bei laufendem Betrieb).
Princeton hat das Problem gelöst, das die Vanderbilt University mit ihrem denkmalgeschützten Bibliotheksgebäude noch vor sich hat. Aus den finsteren, labyrinthartigen Gängen einer der größten Freihandbibliotheken der Welt (3,5 Mio. Bände) wurden weite, helle Räume mit natürlichem Licht und eleganten Ausstattungselementen. Jetzt findet man sich in den drei oberirdischen und drei unterirdischen Geschossen gut zurecht. Eine der wichtigsten Änderungen ist die intelligente Beleuchtung der Bibliothek. Wenn ein Benutzer die lange Reihe eines Bücherregals abläuft, schaltet sich die Beleuchtung dieses Abschnitts ein und dimmt wieder ab, wenn er sich entfernt.
Generell zielten die Arbeiten in erster Linie darauf ab, die Haustechnik zu erneuern, die Lesesäle und Arbeitsmöglichkeiten zu verbessern und der Abteilung Sondersammlungen einen neuen Standort und mehr Raum zu bieten. Der sich über zwei Geschosse erstreckende Lesesaal mit den großen Fenstern zur Kirche im zweiten Stock ist das Schmuckstück geworden. Viele Elemente des ursprünglichen Bibliotheksdesigns wurden wiederverwendet, etwa Kronleuchter, Vorhänge, Wandteppiche und sogar die beliebten Carrels aus Metall. Aber ähnlich wie in der Bibliothek der Vanderbilt University haben diese Käfige auch hier für mich etwas Beklemmendes. Aus dem konvertierten Kartenkatalog, der keine bibliothekarische Funktion mehr hat, ist im Eingangsbereich der Bibliothek ein eindrucksvolles Wandkunstwerk entstanden.
Die Firestone Library ist bei weitem nicht die größte Universitätsbibliothek der Welt, aber sie verfügt über mehr Bücher pro eingeschriebenem Studenten als jede andere Universität. Princeton hat aber auch das weltweit größte Pro-Kopf-Vermögen einer Universität überhaupt. Derzeit studieren hier 7500 Studenten, davon 5000 im Bacholorstudium. Zum Vergleich: An der Uni Münster studieren 45.000 Studenten. Die Kosten eines Studiums in Princeton betragen zurzeit insgesamt rund $ 64.000 pro Jahr inklusive Studiengebühren, Unterkunft und Verpflegung. Zwei Drittel der Studenten erhalten Finanzbeihilfen von der Universität oder anderen Geldgebern.
Ungewöhnlich aus deutscher Sicht: Fast alle Institute der Universität verfügen über eigene Seminarräume in der Bibliothek. Es gibt hier auch ein Zentrum für Digital Humanities. Dort werden Lehrveranstaltungen abgehalten, Beratung angeboten und die ehrgeizigen eigenen Digitalisierungsbestrebungen der Bibliothek koordiniert.
Die Sammlungen umfassen mehr als 7 Millionen gedruckte Werke, 7 Millionen Mikroformen und zahlreiche Handschriften und Nachlässe. Darüber hinaus abonniert die Bibliothek Tausende von elektronischen Ressourcen, darunter E-Books, elektronische Zeitschriften, digitale Karten, Tonaufnahmen und Bilder. Sogar die Tatort-Serie aus Weimar mit den Fällen der Ermittler Dorn und Lessing ist verfügbar.
http://library.princeton.edu/firestone
Michael Knoche