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  • 17. Dezember 2018 — Warum wollen Bibliotheken sich nicht mehr Bibliotheken nennen? 2. Folge

    Scheres-Zieritzsche Bibliothek, eine Sondersammlung der Landesbibliothek Coburg

    Das Blog vom 3.12.2018 »Warum wollen sich Bibliotheken nicht mehr Bibliotheken nennen?« hat ein überraschend breites Echo gehabt. U.a. lief eine Korrekturmeldung aus Cottbus ein, und am Fachbereich Archiv- und Bibliothekswesen Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern wurde eine Online-Umfrage gestartet.

    Die »Lesewolke« aus Cottbus stellt klar:
    »Ich glaube, die Darstellung, dass sich Bibliotheken umbenennen, weil sie selbst den Begriff nicht mehr mögen, ist nicht so ganz richtig. Dazu eine kleine Erläuterung am Beispiel der Universitätsbibliothek der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg. Die Bibliothek gibt es nach wie vor und zwar auch unter dieser Bezeichnung. Strukturell gehört sie zum Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum. Das gilt auch für das Multimediazentrum (erstellen/​bearbeiten Fotos/​Videos für die gesamte Uni, koordinieren den Internetauftritt und sind für das E-Learning verantwortlich). Der IT-Service (Netze, Server, Hard- und Software) ist ebenfalls ein Teil des IKMZ. Für Verwirrung sorgt manchmal die Bezeichnung IKMZ für das Gebäude am Zentralcampus Cottbus. Ist das nun DIE Bibliothek? Wer das Gebäude besucht, wird es vielleicht so sehen, denn sie nimmt den größten Bereich ein. Das Multimediazentrum sitzt auf einer öffentlich nichtzugänglichen Etage. Die IKMZ-Leiterin hat ihr Büro im IKMZ-Gebäude. Gemeinsam nutzen wir die Beratungs- und Schulungsräume. Warum man es in den 90er Jahren so entschieden hat, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Es heißt, dass erst das (zu dieser Zeit) innovativ klingende Konzept endlich zur Genehmigung des notwendigen Neubaus führte. Es gibt übrigens noch ein Beispiel in Cottbus. Die Stadt- und Regionalbibliothek und die Volkshochschule bilden gemeinsam das »Lernzentrum Cottbus«. Kurz: Neue Bezeichnungen bilden eher Strukturen ab. Wenn man ein Medienzentrum der Bibliothek zuordnet, wird es dann wahrscheinlich zur Abteilung Medienzentrum innerhalb der Bibliothek. Ansonsten vermute ich, dass es sich meistens um das Geld dreht. Geldgeber müssen überzeugt werden, und zwar vor allem solche Menschen, die selbst keine Bibliotheken (mehr) nutzen, sondern die Einrichtung eher mit Kindheits- und Studienerinnerungen verbinden.«

    Die Münchener Online-Umfrage wird folgendermaßen eingeführt:

    »Ein neuer Trend im Bibliothekswesen ist der, dass manche Bibliotheken nicht mehr Bibliothek genannt werden wollen – beispielsweise heißt die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin offiziell ZB MED – Informationszentrum Lebenswissenschaften. Doch wieso ist das so? Mit dieser Fragestellung hat sich auch der Bibliothekar Michael Knoche auf seinem Blog auseinandergesetzt: Ein Argument für eine Umbenennung liegt auf der Hand – Bibliotheken sind heutzutage weit mehr als die »Bücheraufbewahrungsstätten«, für die sie früher oft gehalten wurden. Elektronische Medien, Datenbanken, Informationskompetenz, und so weiter. All das ist vom aktuellen Erscheinungsbild der Bibliotheken nicht mehr wegzudenken. Doch rechtfertigt dieser Gesichtspunkt alleine eine Umbenennungswelle? Das Problem liegt nicht an der Wandlung der Aufgaben einer Bibliothek, sondern viel mehr am Image, das sich immer noch als leicht angestaubt zusammenfassen lässt. Es soll nicht darum gehen, krampfhaft einen neuen Begriff zu definieren, um Bibliotheken attraktiver zu machen – sie sind es schon, und genau das muss man den Leuten bewusst machen! Doch jetzt seid Ihr gefragt – Seht Ihr den Umbenennungstrend positiv oder nicht?«

    Die überwältigende Beteiligung von 20 Abstimmenden hat folgendes Zwischenergebnis:

    • Ja, denn zu einer Bibliothek gehört viel mehr als nur Bücher! 3
    • Nein, der Begriff passt, das Image ist das Problem! 13
    • Jede Bibliothek soll das selbst entscheiden! 4

    »Luis« kommentiert die Umfrage:

    »… Eine Namensänderung bringt nichts, wenn sich die Bibliothek, die Arbeit und Motivation dahinter nicht ändern. Dann ist das wie eine schlechte Neueröffnung, von außen macht alles viel her, aber innen passiert noch immer das gleiche. Also erst Denken und Arbeiten ändern, dann den Namen…? ;) Übrigens kommt Knoche ja dann zu dem Ergebnis, dass man den Namen eben nicht ändern soll, sondern nur das TUN!«

    Aus meiner Sicht besteht in der Tat kein Anlass zur Sorge: Die Begriffe »Veränderung« und »Bibliothek« werden allmählich zu einem Synonym. Wenn in Hochschulen oder Kommunen etwas Neues entstehen soll, ist die Bibliothek gefragt, sagt Konstanze Söllner, die VDB-Vorsitzende zur Eröffnung des Bibliothekartages 2018 sinngemäß. In dieser Situation wäre es verhängnisvoll, den Marke »Bibliothek« aufzugeben.

    Michael Knoche